Weihnachten in der Sprache der Liebe

oder: Minimalistische Weihnachtsgeschenke für Kinder

Lesezeit: ca. 9 Minuten

Kennst du die fünf Sprachen der Liebe?

Falls nicht, nehme ich dich in einen spontanen Sprachkurs mit und ich verspreche dir, dass sich deine Sicht auf Weihnachtsgeschenke verändern wird.

Die fünf Sprachen der Liebe wurden von Gary Chapman beobachtet, verstanden und von ihm vor über 30 Jahren als therapeutisches Konzept zu Papier gebracht. Gary Chapman ist als Pastor, sowie als Paar- und Beziehungsberater tätig. Seine Beobachtungen entstammen daher aus eigenen Erfahrungen und nicht nur aus wissenschaftlichen Theorien. 

Chapman stellte fest, dass jeder Mensch Liebe auf eine eigene Art und Weise erfährt und weitergibt. So können sich zwei Menschen lieben, doch durch ihre Art diese Liebe auszudrücken, trotzdem missverstehen. Der Klassiker: Der Mann schenkt der Frau Schmuck. Sie wünscht sich jedoch von ihm nichts sehnlicher als Unterstützung in der Care Arbeit und Freiraum für sich. In dieser geschilderten Situation sprechen die beiden zwei unterschiedliche Sprachen der Liebe. Der Mann nutzt die Sprache des Geschenks, die Frau sehnt sich nach der Sprache der Hilfsbereitschaft und Anerkennung. Damit habe ich dir zwei der fünf vorgestellt.

Hier der Crashkurs für dich – die Reihenfolge ist dabei irrelevant:

  1. Ermutigung, Lob und Anerkennung: Ich sehe dich! Ich möchte gesehen werden in meinem Sein, in meinem Tun.
  2. Zweisamkeit – die Zeit nur für euch: Ich bin ganz für dich da, wir sind zusammen, nur wir zählen, ungestörte Quality time.
  3. Ich schenke dir etwas: Geschenke, die von Herzen kommen: materielle Geschenke
  4. Hilfsbereitschaft: Du gehst mir nicht unter im Alltag! Ich zeige dir durch kleine und große Gesten, dass du mir wichtig bist – repariere, was dich aufregt, halte dir den Rücken frei, höre dir zu, zeige Anteilnahme.
  5. Zärtlichkeit/ Nähe: In den Arm nehmen, Berührung, Haut auf Haut, Körperkontakt.

Diese Sprachen können wir bei uns selbst, in unseren Partnerschaften beobachten und bei unseren Kindern entdecken. Puh, gar nicht so einfach, wenn du von diesem Konzept gerade zum ersten Mal gehört hast. Denn oft wissen wir es nicht besser und wenden grundsätzlich die Sprache der Geschenke an. Unsere westliche Gesellschaft trainiert uns diese von Klein auf an. So bringen wir als Geste der Liebe zu einer Einladung ein kleines Präsent mit anstatt zu fragen, welche Möglichkeiten bestehen, Hilfsbereitschaft anzubieten oder unseren Gastgeber durch eine herzliche Umarmung Nähe zu zeigen.

Nun aber der Gedanke, den ich besonders spannend finde: Was wäre, wenn wir die Sprache der Liebe auf unsere Kinder bezögen?

Das Fest der Liebe

Bald ist Weihnachten. Wir feiern Weihnachten per se als Fest der Liebe. Die Sprache, die wir in unser Gesellschaft traditionell zu dieser Zeit nutzen, ist die des Schenkens. Auch uns Eltern betrifft dies. Überlege: Wann hast du in diesem Jahr damit begonnen, dir über die Weihnachtsgeschenke deines Kindes Gedanken zu machen? Ich verwende hier absichtlich das Wort Geschenk im Plural. In dem Buch „Die fünf Sprachen der Liebe für Kinder“ von Gary Chapman und Ross Campbell erklären die Autoren, dass Eltern dazu neigen „Präsente statt Präsenz“ anzubieten. Ich nehme mich da nicht heraus und ertappe mich selbst dabei, wie ich die Geschenke meiner Kinder drei Monate vor Weihnachten plane, obwohl ich nicht einschätzen kann, wofür sie sich an Heiligabend interessieren werden. Insbesondere in der Kleinkindphase, wenn die Entwicklung einer rasanten Abwechslung gleicht. Wenn ich also Glück habe, bleibt das Interesse bestehen und es ist für alle eine Freude. Doch im anderen Fall gibt es Enttäuschung. In diesem Fall schieben wir Eltern die Schuld gerne auf unsere Kinder: „Sei doch dankbar! Schau, was du tolles geschenkt bekommen hast. Andere Kinder haben das nicht!“

Doch was wäre, wenn wir an Weihnachten explizit auf die Sprache der Liebe unseres Kindes eingingen?

Die Sprache der Liebe bei Kinder

Wie sähe das aus, wenn wir als Eltern die Sprache der Liebe auf unsere Kinder anwenden würden? Ich habe für dich ein paar Beispiele zusammengetragen:

Ermutigung, Lob* und Anerkennung: Drehe dich um, nimm dir Zeit, wenn dein Kind dir etwas zeigt und zeige Anerkennung für sein Werk. Bekunde deine Freude, wenn dein Kind einer von dir ausgesprochenen Bitte nachkommt (auch wenn einige Zeit vergangen ist), indem du sie benennst: „Hey, ich freue mich gerade richtig darüber, dass du deine Jacke aufgehängt und die Schuhe an die Seite gestellt hast!“

*In der bedürfnis- oder bindungsorientierten Erziehung ist Lob, um es provokant auszudrücken, in Verruf gekommen. An dieser Stelle möchte ich keine Diskussion darüber anstellen, inwiefern ein Kind zu loben ist oder nicht. Sondern dich darin bestärken, die Liebessprache des Lobes in Anerkennung und Ermutigung umzuwandeln.

Zweisamkeit – die Zeit nur für euch: Handy, Tablet – alles verstaut in einer schwarzen Box. Digital Detox. Ungestörte Zeit. Du und dein Kind. Keine Hausarbeiten. Konzentration. Volle Augenhöhe. Höre zu. Frage nach. Zehn Minuten am Tag. Hat sich die Augenfarbe seit dem letzten Kuscheln verändert? Sind die Sommersprossen auch noch jetzt im Winter vorhanden? Frage doch mal: Hey, möchtest du lieber das teure Holzeisenbahnset auf deinen Wunschzettel schreiben oder einen gemeinsamen Ausflug mit der Familie?

Ich schenke dir etwas: Auch wenn wir das mit den Geschenken gut können… überlege genau: Wer wünscht sich eigentlich das ausgewählte Spielzeug? Bist du es, sind es die Großeltern, ist es die Gesellschaft oder ist es dein Kind? Geschenke müssen nicht portabel sein, es kann auch die Umgestaltung einer Räumlichkeit sein. Wenn es bei euch gerne wild zugeht, dann wäre ein Tobebereich ein tolle Geschenkidee.

Hilfsbereitschaft: Die Puppe oder das Kuscheltier müssten dringend „ins Krankenhaus“? Dann überweise sie schnellstmöglich dorthin, nicht erst in drei Monaten. Dein Kind wünscht sich seit langem ein besonderes Frühstück, dann überrasche es unter der Woche mit dieser Idee! Doch nicht nur diese Art der Hilfsbereitschaft ist gemeint – sondern vielmehr die Hilfe zur Selbsthilfe. Beobachtest du seit einiger Zeit, wie dein Kind sich selbst in der Küche bedienen möchte? Dann ermögliche Teilhabe. Überlege gemeinsam mit deinem Kind eine Lösung, sodass es sich selbstständig Wasser holen oder sich Müsli einfüllen kann.

Zärtlichkeit/ Nähe: Körperkontakt ist die allererste Muttersprache der Liebe, die ein Kind benötigt und erfährt. Doch nicht nur das Kuscheln, das gemeinsame ins Bett bringen oder Lesezeit auf dem Schoß gehören zu dieser Sprache. Auch das wilde Toben, bei dem immer wieder Körperkontakt entsteht, gehört dazu – wie gegenseitiges Fangen, Rangeln, Umhertollen usw. Gemeinsamer Sport ist eine gute Möglichkeit insbesondere für heranwachsende Kinder weiterhin Körperkontakt zu ermöglichen. Tipp: Halte dein Kind das nächste Mal so lange im Arm bis es sich von dir löst.

An dieser Stelle möchte ich dir das bereits erwähnte Buch als Empfehlung mitgeben: „Die fünf Sprachen der Liebe“ für Kinder. Das Buch dient als Basis dieses Blogartikels und auch die weiterführenden Tipps sind abgewandelt entnommen, kombiniert mit eigener Erfahrung. Über diesen Affiliate-Link kannst du es erwerben und mich in meiner Arbeit unterstützen. Das Buch ist kurzweilig zu lesen und besonders positiv bewerte ich die immer wiederkehrenden praxisnahen Beispiele aus dem Alltag mit Kindern. So werden auch mögliche Formulierungen wiedergegeben, die ein Kind nutzt, wenn es seine Sprache der Liebe offenbart.

An dieser Stelle ein persönlicher Hinweis: Meine mir vorliegende Auflage des Buches ist von 2002 und manchen Aussagen zur Erziehung und Disziplin kann ich im weiteren Verlauf des Buches nicht zustimmen. Vor 20 Jahren sprach noch niemand von bedürfnis- oder bindungsorientierter Erziehung, doch ob manche Ansätze oder Wortwahlen mit einer Neuauflage überdacht wurden, konnte ich bisher nicht prüfen. Wenn dir also eine Neuauflage vorliegt, berichte mir gerne, wie Kapitel 8 bis 10 auf dich wirken! Lass dich von dieser Anmerkung bitte nicht beirren: Das Buch ist gewinnbringend für den Alltag, darf aber zum Ende hin kritisch betrachtet werden.

Die Muttersprache der Liebe

Doch mal ehrlich – kann ein Kind überhaupt schon eine Bevorzugung für eine bestimmte Sprache der Liebe zeigen? Die Antwort ist Jein. Mit jeder Entwicklungsphase deines Kindes entdeckt es auch immer wieder die Sprache der Liebe für sich neu. Es ist an uns Eltern auf Augenhöhe mit unseren Kindern zu gehen und diese zu beobachten, ohne zu werten. Meistens festigt sich die Muttersprache der Liebe bei einem Kind im Grundschulalter. Genau hier an dieser Stelle der Beobachtung und Reflexion setzt für mich der Gedanke des Minimalismus an: Die „Geschenke“ zu Weihnachten bewusst auszuwählen und den Bereich unter dem Weihnachtsbaum nicht von eifrigen und emotionalen Werbespots füllen zu lassen, egal wie toll diese Dinge sind. Ich weiß, das kann echt schwer sein. Was meine ich also damit?

Insbesondere in der Liebessprache „Geschenke“ ist es notwendig, nicht auf Masse zu gehen. Während des Schreibens zu diesem Beitrag versuchte ich eine Statistik zu finden, die aussagt, wie viel Geld für ein Kind in Deutschland durchschnittlich zu Weihnachten ausgegeben wird. Wenn Eltern zwischen 77 und 137 EUR Geschenke kaufen (verschiedene Statistiken, verschiedene Angaben), kommen zumeist zusätzlich die Geschenke der Großfamilie dazu. Der Gesamtwert ist unbekannt.

Doch auch wenn besondere Sorgfalt bei der Auswahl EINES Geschenkes liegt, reicht das nicht aus, um das Geschenk wirklich wertvoll zu machen. Wenn nach der Übergabe keine Zeit vorhanden ist, um gemeinsam mit dem Kind dieses Geschenk zu entdecken, hier zu helfen oder einen Fortschritt anzuerkennen, wird das Geschenk an sich selten dazu führen, dass sich das Kind geliebt fühlt.

Stell dir vor, es gibt einen Liebestank in dem Herzen deines Kindes. Dieser Tank muss stets gut gefüllt sein, damit dein Kind wachsen, reifen kann. Das Rezept ist einfach: der Treibstoff besteht aus Teilen von allen fünf Sprachen der Liebe, nicht nur aus einer Sprache. Das Geheimnis liegt darin herauszufinden, in welchem Verhältnis die Sprachen miteinander verbunden werden.

Der Vorteil der Achterbahn mit Schluckauf-Effekt

Im Kleinkindalter ist es notwendig alle Sprachen der Liebe zu gleichen Teilen zu sprechen, um die Basis für eine gesunde Entwicklung zu schaffen. Eine bevorzugte Sprache lässt sich jedoch auch schon bei den Kleinsten erkennen, wenn denn alle Sprachen immer wieder angeboten werden. Wenn du Mama bist, kennst du es wie ich aus eigener Erfahrung, dass sich kleine Kinder – zack – schon wieder in einer neuen Phase befinden. Die Entwicklungsphasen finden nicht chronologisch statt, sondern wie auf einer Achterbahn mit Schluckauf-Effekt. D.h. turbulent, parallel, auf und ab. 

Für Weihnachtsgeschenke bedeutet dies konkret: schenke von jeder Sprache etwas. Nutze ein materielles Geschenk um Raum für die weiteren Sprachen der Liebe zu schaffen. Als meine Tochter zwei Jahre alt war, zeigte sie starke Empathie gegenüber anderen Kindern und spielte besonders gern mit Puppen und Kuscheltieren. Der Fokus lag darin diese in den Alltag einzubeziehen. Daher schenkten wir ihr (m)einen alten Teddybären mit einem kleinen Koffer, gefüllt mit Kleidung, die meine Mama damals für mein Spielen in Handarbeit angefertigt hatte. Kombiniert haben wir den Koffer mit einem neugekauften Fahrradhelm aus Stoff – denn das Fahrradfahren im Lastenrad passierte bei uns fast täglich. Welche Sprachen der Liebe wandte ich hier an? Ganz offensichtlich die des Schenkens (und es muss nicht neu und teuer sein) – doch in dem ich ihr Interesse beobachtet und erkannt habe, ermutigte ich sie in der Übung der Empathie (Anerkennung, Ermutigung) und konnte im gemeinsamen Spielen (Zweisamkeit) ihr nicht nur Hilfe beim Bekleiden des Kuscheltiere geben (Hilfsbereitschaft), sondern ihr ebenso gegenüber Nähe und Zärtlichkeit aufbauen, die sie wiederum dem Teddy (und anderen Kindern) spiegelt.

Fünf Tipps für Schulkinder

Was ist aber nun, wenn dein Kind in der Grundschule oder älter ist? Dann kannst du weiterhin alle Sprachen der Liebe bedienen. Ich möchte dich aber dazu ermutigen, die bevorzugte deines Kindes herauszufinden.

Hier sind fünf Tipps, die dich dabei unterstützen:

  1. Achte darauf, wie dein Kind dir gegenüber seine Liebe zum Ausdruck bringt.
  2. Achte darauf, wie dein Kind anderen gegenüber seine Liebe zum Ausdruck bringt.
  3. Achte darauf, worum dein Kind am häufigsten bittet.
  4. Achte darauf, worüber sich dein Kind am häufigsten beklagt oder beschwert.
  5. Probiere aus! Wie? Biete deinem Kind Wahlmöglichkeiten an zwischen zwei Sprachen der Liebe. Zum Beispiel: Sollen wir morgen Nachmittag auf den Spielplatz gemeinsam gehen (Zweisamkeit) oder dir ein paar neue Winterschuhe kaufen (Geschenk)?

Die Muttersprache der Liebe unserer Kinder zu kennen und anzuwenden, ist eine riesige Chance um die Beziehung zueinander zu stärken und zu festigen.

Ein Kommentar

  1. Liebe Marijtje,
    Danke für den schönen Artikel!
    Mir ist an Weihnachten wichtig, den Fokus nicht auf die Geschenke zu legen, sondern auf unsere gemeinsame Familienzeit. Gemeinsam den Baum schmücken, Geschichte lesen, singen, … Die Geschenke sind den Kindern natürlich wichtig. Genau so wichtig ist es ihnen aber, dass wir uns Zeit nehmen gemeinsam damit zu spielen. Und sie lieben es auch uns zu beschenken und freuen sich über Anerkennung für diese Geschenke.

    Herzliche Grüße,
    Judith

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